Die Wahl der Qual

 

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nebst einigen Leseproben

Aus dem Nähkästchen
Die ungekürzten Interviews

Nach Redaktionsschluss
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Aus dem Nähkästchen

Interview mit Dominik

 

Das war vor dreieinhalb Jahren, da hat mich eine Frau, die ich kenne, die auch in dem Gewerbe arbeitet, ob ich das mal machen würde, weil sie eine Kundin hatte, die das interessiert hat, und dann hab ichs versucht. Ich hatte aber schon vorher mit dem Gedanken gespielt, und das hat dann ganz gut geklappt, und auf die Art kam dann mehr. Der Einstieg selber war Zufall, aber in dem Bereich hatte ich mich schon länger bewegt. Es kommt offensichtlich ab und zu vor, dass Frauen in Dominastudios anfragen, ob es diese Möglichkeit gibt. Die Dominas wissen dann, weil das eben so selten ist, im allgemeinen nicht damit umzugehen und kennen niemand, der das machen würde. In meinem Fall hat das zufällig grade mal geklappt.

Ich denke, dass meine Klientel Frauen sind, die das Ganze nicht so öffentlich machen wollen, die jedes Risiko ausschliessen wollen. Die vielleicht auch in einer Partnerschaft sind, also, es gibt Frauen, die darüber mit mir reden, andere Frauen verschweigen das einfach und sagen nicht, aus welchem Grund sie jetzt zu mir kommen, aber ich schätze, auch da ist irgendwas im Hintergrund, was sie davon abhält, sich offiziell in die Szene zu begeben und dort nach einem Partner Ausschau zu halten, oder auch im Freundeskreis zu versuchen, das zu realisieren und sich einen Partner zu suchen. Die Frauen, die bei mir nachfragen, tun das nicht. Es sind auch Frauen dabei, die einfach Erfahrungen sammeln wollen und noch gar keinen Kontakt damit gehabt haben, teilweise auch junge Frauen, die offensichtlich erst mal keinen anderen Ansprechpartner finden oder nicht wissen, wie sie an die Sache rangehen können, um jemand Entsprechenden diskret, aber erfolgreich dafür zu interessieren. Es ist sicher oft Ratlosigkeit dabei, aber manche suchen auch bewusst die Unverbindlichkeit. Ich will das ausprobieren, ich will da rangehen, und wenn es mir gefällt, oder wenn es so ist, wie ich mir's vorstelle - und das ist ja durchaus grade in dem Bereich schwierig. Wenn man einen Partner hat, kann man nicht immer davon ausgehen, dass er genau das tut, was sich die Frau wünscht, sondern es kann durchaus mal sein, dass er selber Dinge verwirklicht, die der Frau eher nicht gefallen. Und wenn es dann jemanden gibt, der das professionell anbietet und der es gewohnt und dazu bereit ist, auf die Wünsche der Frauen einzugehen, dann ist das vielleicht günstiger.

Es ist sicher für Frauen durchaus problematisch, jemanden für so eine Dienstleistung zu bezahlen. Ich glaube festzustellen, dass es umso problematischer ist, je älter die Frau ist. Ich weiss nicht, woran es liegt, aber ich habe teilweise junge Kundinnen, die mit der Sache ganz locker umgehen und die sagen, ich will das jetzt probieren, und das ist eine Sache, die mich interessiert, und dann machen die das eigentlich ganz unbefangen. Es sind aber auch ältere Frauen unter den Kundinnen, die haben da schon ein bisschen Berührungsängste. Andererseits ist es ja auch so, dass die Bezahlung die Unverbindlichkeit garantiert. In dem Moment, wo so eine Dienstleistung bezahlt ist, gibt es offensichtlich keine Ansprüche mehr von einer Seite an die andere, und das macht die Sache auch wieder sicher.

Die Preise sind nicht so horrend, es ist moderat, im Gegensatz zu dem, was vielleicht manche Domina nimmt, aber es muss schon sein, weil zu einen hab ich ja durchaus Unkosten bei der Sache und zum anderen, wie gesagt, ist diese Abgrenzung durch das Geld vielleicht auch für beide Seiten ganz vernünftig und sinnvoll.

Es gibt durchaus Frauen, die hohe Preise auch bezahlen können, was weiss ich, so einen Abend für 400 Mark oder so, aber es gibt durchaus auch junge Frauen, die sagen, oh, das ist aber viel Geld, und da bin ich dann durchaus auch bereit, zu sagen, dann sehen wir mal, was wir machen können, und reduziere dann entsprechend die Preise. Da bin ich relativ frei, weil ich überhaupt nicht daran gebunden bin, mit der Sache Geld zu verdienen. Insofern ist das auch weit weg von dem, was professionelle Dominas machen, die damit einfach ihren Lebensunterhalt verdienen und davon gut leben wollen. Das ist nicht meine Intention, das will ich nicht, das muss ich auch nicht. Ich will meine Kosten reinholen, ein bisschen verdiene ich auch dran, ist keine Frage, aber ich bin durchaus auch bereit, zu sagen, dann probieren wir's mal, gib mir mal das, was du für richtig hältst und denk dran, dass du vielleicht wiederkommen willst.

Ältere Frauen sind in ihrer Sexualität wesentlich reifer und wissen ziemlich genau, was sie wollen, haben auch viel Erfahrung und ganz klare Vorstellungen. Sie sind vielleicht nicht so locker darin, das zu beschreiben, aber sie haben ziemlich genaue Ziele, während die jungen Mädchen halt so ein bisschen experimentierfreudig sind. Sie haben die Idee, dass sie das interessieren könnte, aber sie haben sich noch nicht so richtig Gedanken gemacht und vielleicht auch nicht so ein festes Bild von dem ganzen Ablauf im Kopf. Während ich bei einer älteren Frau schon das Gefühl habe, dass ihre Vorstellungen und Wünsche schon stark geprägt sind: die Frau hat sich lange Gedanken gemacht, die hat vielleicht auch schon Erfahrung, und weiss, das eine will sie nicht, das andere will sie bestimmt. Da muss man dann ziemlich feinfühlig rangehen, weil die Frauen, wenn sie älter sind, eben nicht so locker über die Sache sprechen.

Ich denke, Frauen finden halt auch in diesem Bereich nicht so leicht einen Partner, dem sie vertrauen können. Ich hab also grade vor vierzehn Tagen ein Mädchen gehabt, die hat mich gefragt: Wie alt muss man denn sein, um zu dir zu kommen? Ich hab gesagt, achtzehn. Da hat sie gesagt, oh, schade. Sowas gibt es auch, es sind auch ganz junge Mädchen, die offensichtlich daran denken, sowas zu tun. Ich weiss nicht, dieses Mädchen hat wahrscheinlich noch nicht so sehr viele Erfahrungen gehabt, aber da konnt ich nur sagen, tut mir leid, achtzehn musst du mindestens sein. Es gibt schon eine Not, zu irgendwelchen Kontakten zu kommen. Ich denke, es gibt einfach wenige Leute, die genau wissen ... ich kenne auch in der Szene nicht so viele Leute, die man direkt auf sowas ansprechen kann.

Ich hab durchaus auch Frauen, die sind Mitglied bei SMart Rhein-Ruhr. Das sind dann aber keine jungen Frauen. Das sind Frauen, die erfahren sind, die offensichtlich schon lange in SM-Partnerschaften leben und die mir das auch erzählen, die mir auch erzählen, was sie gerne tun, was sie auch selber mit sich tun, die dann ihren Erfahrungshorizont erweitern wollen und auch mal zu einem Profi gehen.

In erster Linie erfahren die Frauen durch ein Faltblatt, das in Erotikgeschäften ausliegt, von mir.

Es gibt wenige Frauen, die einen Bezug zu irgendeinem Fetisch haben. Es ist so, dass die Frauen in erster Linie diese Ohnmachtserfahrung, diese Wehrlosigkeit erleben wollen, und auch viel Zärtlichkeit dabei. Ich hab noch keine Frau erlebt, die sich jetzt irgendwie ganz stark zu Latex hingezogen fühlt - vielleicht auch, weil's in meinem Angebot nicht drinsteht, das ist schon möglich.

Sex in dem Sinne gibts bei mir auch nicht. Ich denke, SM bewegt sich in einem anderen Bereich. Es gibt Zärtlichkeit, ganz klar, ich stimuliere die Frau auch durchaus dorthin, wo sie hinmöchte, das ist auch klar, aber der klassische, übliche Koitus ist eigentlich nicht mit inbegriffen. Und ich glaube, das kommt den Frauen auch entgegen. Ich glaube, Frauen die sowas wollen, haben durchaus auch andere Angebote, da muss man nur eine Tageszeitung aufschlagen.

[Frage unverständlich]

Ist schon schwierig ... Ich lebe schon zwei Leben - eins in diesem Bereich und ein zweites, ganz normales, und da hab ich auch ein normales Sexualleben. Das ist in gewisser Weise getrennt und beeinflusst sich eigentlich relativ wenig. Ich kann das gut auseinanderhalten.

Ich hatte eine Beziehung vorher, bevor ich das professionell gemacht hab, mit einer Frau, die ich daraufhin angesprochen hab, und es hat nicht so gut geklappt mit der Frau, weil die es zum einen interessant fand, aber nicht in der Konsequenz, wie es eigentlich sein sollte, und irgendwie ist das kollidiert. Im privaten Bereich sowas zu tun, das hat bei mir offensichtlich nicht so sehr geklappt, und irgendwann hab ich's getrennt. Irgendwann hab ich Freunde gehabt in dem Bereich und dann halt ganz normale Freunde, die davon eigentlich nichts wissen.

Meine private Seite kann man überall anders auch erleben, das gehört für mich nicht in den Bereich hinein und da möchte ich auch nicht allzuviel preisgeben.

Ich nehme jede Kundin, die zu mir kommt, ernst, und Abneigungen gegen den SM-Bereich hab ich ganz bestimmt nicht, sonst würd ich das nicht machen. Ich mach es also wirklich aus Spaß, und ich hab auch diese SM-Phantasien schon ewig.

Die beruflichen und sozialen Aspekte sind natürlich auch wichtig. Ich hab einen normalen Beruf, und der Beruf ist, sagen wir mal, auch nicht ganz schlecht, und da irgendwas zu riskieren, das würd ich nicht tun. Deswegen, sicher, muss ich auch ein bisschen Versteck spielen, aber ich denke, das wird jeder verstehen, der vielleicht mal eine ähnliche Situation kennengelernt hat. Es ist nicht für jeden möglich, sich zu outen, zumal es für mich ja auch noch ein Stück weitergeht. Was ich tue, ist durchaus besser und eingehender als das, was manch eine Domina tut, die sich hinstellt und sagt, naja, ich zeig dir jetzt mal, wo's langgeht, und in einer halben Stunde bist du wieder draussen - sowas kommt bei mir nicht vor. Insofern denke ich, ist das Angebot, was ich mache ...

Wenn ich einen Termin mache mit einer Frau, und die Frau ist neu, dann treff ich mich mit ihr meistens nicht im Studio, sondern wir treffen uns einfach irgendwo in einem Lokal und unterhalten uns erst mal eine halbe Stunde über das, was man machen kann. Dafür berechne ich auch nichts, das ist einfach so, um abzuchecken, ob die Frau das wirklich möchte, was sie vorgibt, oder ob sie vielleicht falsche Vorstellungen von der Sache hat. Ich denke, das würde keine Domina in Deutschland machen, sich erst mal mit einem Kunden hinsetzen und eine halbe Stunde reden, um dann zu sagen, naja, das ist vielleicht doch nicht so interessant mit uns.

[Werden auch schon mal Interessentinen abgelehnt?]

Es kommt durchaus vor, ... Es muss schon auch Vertrauen da sein, und zum anderen Sympathie. Das heisst nicht, dass da Claudia Schiffer aufkreuzen muss, darauf leg ich keinen Wert. Ich leg schon darauf Wert, dass die Frau gepflegt ist und dass man sich auch mit ihr vernünftig über die ganze Sache unterhalten kann, und dass ich merke, dass sie eben wirklich Interesse daran hat. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich nicht in der Lage sein werde, das Ganze mit der Frau so durchzuziehen, wie sie sich das wünscht, wenn ich merke, das klappt nicht oder sie das merkt, dann kann man auch offen sagen, das war ein interessantes Gespräch, tschüss und viel Glück.

In dem Moment, wo der Körper verletzt wird - bis dahin werd ich nicht gehen. Ich mache in erster Linie Fesselungen, auch sehr strenge Fesselungen, das mögen die Frauen auch. Schmerzen erfahren wollen nicht viele Frauen ...

Persönlich kenne ich keine anderen Männer, die sowas anbieten. Ich habe auch ein bisschen die Inserate in den Dominaführern und SM-Guides verfolgt: da waren manchmal Männer dabei, die das angeboten haben, aber die waren auch ganz schnell wieder weg. Vielleicht lag's auch daran, dass die Preise relativ hoch sind für solche Annoncen, und dass die sich dann einfach aus ökonomischen Erwägungen gesagt haben, das können wir so nicht weiter machen.

[Outing-Ängste?]

Es macht mir Sorgen, so ist es nicht, aber ich bin durchaus bereit, wenn es denn soweit kommt, auch die Konsequenzen zu tragen. Soviel ist mir die Sache wert. Ich bin halt vorsichtig, aber falls es irgendwie doch dazu kommt - was ich mir im Moment eigentlich nicht vorstellen kann, weil es alles eigentlich ganz gut abgesichert ist - dann müsste ich halt die entsprechenden Konsequenzen tragen und mich dann auch entsprechend durchsetzen oder sagen, naja gut, wenn ihr das nicht akzeptieren könnt, und jetzt mein ich den privaten Bereich, dann ist es so halt. Beruflich - ich weiss nicht, soll da jemand zu meinem Arbeitgeber hingehen und sagen, ätschibätschi, der da macht das? Hat da jemand Interesse dran? Ich weiss nicht ... der Kreis, in dem ich mich bewege, ist im Moment noch relativ klein, und es würde ganz schönes detektivisches Gespür dazugehören, um rauszukriegen, an wen man sich da wenden muss und wer dahintersteckt. Ich denke nicht, dass eine meiner Kundinnen auf die Idee kommen würde, da zu recherchieren.

© Kathrin Passig - Ira Strübel 2000-2001