Die Wahl der Qual

 

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Das Inhaltsverzeichnis
nebst einigen Leseproben

Aus dem Nähkästchen
Die ungekürzten Interviews

Nach Redaktionsschluss
Was wir gerne noch geschrieben hätten ...

Für Tippfaule
Alle Links aus dem Buch
und noch ein paar mehr.

Impressum

Aus dem Nähkästchen

Interview mit Christoph

 

Ich glaube, es hat bei mir mit einer gewissen Oralfixierung angefangen. Ich hab als Kleinkind, ich kann da nicht öfter als drei Jahre gewesen sein, gerne Waschmaschine gespielt und mir meine bestickten Kindertaschentücher in den Mund gestopft und damit Waschmaschine gespielt. Knebeln lass ich mich heute noch gern. Das war schon so das erste tiefe Erlebnis. Du wirst das bestimmt satirisch aufbereiten im Buch. Das nächste Erlebnis, das ich erinnere, da war ich fünf. Meiner Mutter ging die Waschmaschine kaputt, und es kam die Nachbarin mit ihrer Tochter. Die Frauen waren irgendwie mit Aufwischen beschäftigt und dieses Nachbarskind - ich weiß nicht, ob ich mir das im Nachhinein irgendwann mal zurechtgesponnen hab, aber ich hab dieses Bild - dieses Mädchen hat sich mir auf die Brust gesetzt und mir den Schnuller in den Mund gestopft. Später dann im Internat, so mit elf, bestanden meine SM-orientierten Handlungen darin, dass ich mich einfach nicht diesem Zwang entziehen konnte, nachts ab und zu meinen Schlafanzug auszuziehen, mich damit zu fesseln und die Nacht so zu verbringen.

Ich hatte bisher nur eine einzige Beziehung, wo die Vorzeichen SM vorher feststanden, weil wir uns in so einem Kreis - damals hieß das noch Betroffenenkreis, ist schon ein paar Jährchen her - kennengelernt hatten. Bei allen anderen Beziehungen waren das sogenannte normale Beziehungen, wo sich das einfach entwickelt hat. Das heißt drei langjährige Beziehungen. Bei den späteren Beziehungen hatte ich ja schon Erfahrung mitgebracht, da stand ich dann einfach mal in Hand- und Fußfesseln vor der Frau, quasi eine Einladung zum Spielen. Sie meinte so im ersten Moment: Hoppla. Das war doch irgendwie etwas zu spontan. Ich hab mich dann damit zurückgezogen, aber auch nicht beleidigt. Später kam sie dann selbst auf mich zu, und so unbeholfen da der Anfang war, war gerade das eine Beziehung, wo mich die Frau nach einigen Jahren in der Intensität überholt hat

Es war so die Zeit, wo entsprechender Druck bestand - wahrscheinlich auch ne Trennungszeit - und wo man zu allem bereit ist, vor allem zu irgendwas, was man noch nicht gemacht hat. Der Spaß hat zweihundert Mark gekostet, das fand ich relativ günstig, aber später hat sich dann herausgestellt, dass es doch im rechten Preis-Leistungsverhältnis stand. Ich wurde vorher gefragt, was denn so meine Vorlieben sind, das war eine lange Liste mit allen möglichen Kreuzchen, die man da machen durfte, und ich dachte, oh klasse, für zweihundert Mark, und hab natürlich fleißig angekreuzt. Bis mir dann eben klargeworden ist - ich sollte dann auch irgendeinen fiktiven Namen obendrauf schreiben - dass das doch eher für regelmäßige Besucher gedacht ist, wo man dann nach und nach die Sache steigern und das abarbeiten kann. Dann ging das eigentlich recht schnell ... war schon ein bisschen geschäftsmäßig, aber auch nicht völlig uneinfühlsam. Ich hatte die Möglichkeit, Spielsachen auszuprobieren, die ich zuvor noch nicht hatte und die ich auch nicht unbedingt anschaffen wollte, aber ich wollte einfach mal sehen, was das mit mir macht. Also gab's da auch eine Ledermaske. Der Rest war dann irgendwie ... ich weiß nicht, ob ich das jetzt im Detail erzählen muss ... soll ich? Sie nickt. Ich war submissiv, und ich hing dann da in meiner Ledermaske und dann gab's Spielereien mit Klammern an Brust und Hoden. Ich war dabei sehr Beobachter, es war schon irgendwie auch fremd. Ich hab mich dabei selbst beobachtet. Es war schon so ein Reiz da aufgrund des Ambientes, diese vielen, vielen Spielsachen ... der Rest war so nach Standardfantasie. Ich bin gekommen, indem ich mir selber einen runtergeholt hab, das passte aber irgendwie ganz gut zum Spiel, so als Abschluss. Ach so, es gab einen Strafbock, das ist natürlich auch was, was man nicht unbedingt zu Hause hat, und das ist natürlich auch ganz reizvoll, da mal drübergespannt zu sein. Ansonsten muss ich sagen, so ein Leben als Domina ist vielleicht nicht das schlechteste.

Ich persönlich brauch lange, um mir wirklich sicher sein zu können, dass meine Partnerin diese Grenze ganz klar sieht, wo das Spiel ist, wo ich von ihr Dinge verlange, die ich von ihr als Frau im Alltag ... diese Trennung find ich schon ein bisschen schwer, weil mir macht es einen höllischen Spaß, im Spiel Frauen genau auf das zu reduzieren, was man mühsam gelernt hat, was man nicht tun darf, und das wirklich in allen exzessiven Formen. Und das fällt mir schon ein bisschen schwer, weil ich mich einfach ungern dem Verdacht aussetze, dass ich in meinem alltäglichen Umgang mit Frauen ähnliche Einstellungen hab. Also, ich weiß, dass ich da trenne, aber ich find es schwierig, sich da sicher zu sein, dass die Frau das auch kann.

© Kathrin Passig - Ira Strübel 2000-2001